Der Familienrat

Der Familienrat ist ein wunderbares Ritual für eine gute Kommunikation miteinander und um Dinge anzusprechen, die euch auf dem Herzen liegen. Gleichzeitig lernen Kinder viel darüber, wie man über eigene Gefühle und Bedürfnisse spricht, wie man gemeinsam Lösungen findet, z.B. für Konflikte. Und bestenfalls bekommen sie einen sicheren Raum, an dem sie alles ansprechen können. 

 

Wie läuft ein Familienrat ab?

 

Ich empfehle, sich dafür ca. einmal pro Woche Zeit zu nehmen, an einem Tag, an dem alle Familienmitglieder ohne Termindruck teilnehmen können. Für viele Familien eignet sich das Wochenende am besten. Ein guter Zeitpunkt ist zum Beispiel nach dem Frühstück oder Mittagessen, wenn alle satt sind und bereit, den anderen Aufmerksamkeit zu schenken. Bei kleineren Kindern ist vielleicht eher nach dem Mittagschlaf und einer Bewegungsphase ein geeigneter Moment.

 

Grundsätzlich kann in diesem Rahmen alles angesprochen werden, was den Familienteilnehmer:innen auf dem Herzen liegt – damit es gehört und verstanden wird und ggfls. gemeinsam Lösungen gefunden werden können.

 

Wichtig ist hierbei:

- Keine Ablenkung von außen, kein Handy, TV, andere Medien

- Die Person, die gerade spricht, darf ausreden, alle anderen hören zu

- Jede Person wird ernst genommen, nicht bewertet oder abgewertet, nicht ausgelacht

- Alle zeigen ernsthaftes Interesse an allen

- Wenn etwas nicht verstanden wird, wird nachgefragt: wie meinst du das?

- Jede:r versucht, die Beiträge der anderen nicht als persönlichen Angriff zu interpretieren sondern als Einstehen für sich selbst und für die eigenen Bedürfnisse

- Unter Berücksichtigung aller Bedürfnisse wird versucht, gemeinsam Lösungen zu finden. Kinder sollten unbedingt mit einbezogen und können gefragt werden: Was denkst du, könnten wir dann tun/anders machen/ was könnte eine Lösung sein oder dir helfen? Hast du eine Idee?

- Kinder wollen geführt werden, d.h. natürlich sollen sie ihre Wünsche äußern und es ist dabei Aufgabe der Eltern einzuschätzen, ob und wie diese in einem realistischen Rahmen umgesetzt werden können

 

Folgende Vereinbarungen können gemeinsam getroffen werden: 

- Wir sprechen nacheinander und lassen uns gegenseitig ausreden.

- Wir sprechen respektvoll miteinander.

- Wir respektieren die Meinung und Sichtweise der anderen, vor allem dann, wenn wir eine andere Meinung haben

- Jede Meinung ist richtig und niemand ist falsch. 

- Wir bewerten nicht die Aussagen der anderen, sondern hören sie uns aufmerksam an und fragen nach, wenn wir etwas nicht richtig verstanden haben.

- Wir verteidigen uns nicht, sondern hören zu und überlegen, was wir tun möchten, damit sich die Situation für die/den anderen verbessert.

- Wir zeigen Mitgefühl für jede:n

 

Wenn die Vereinbarungen klar sind, können zum Beispiel folgende Gesprächsthemen nach Bedarf aufgegriffen werden:

1.   Was läuft gut, was gefällt mir an uns und unserem Zusammenleben

2.   Was darf sich noch verbessern, wo sehe ich Potential

3.   Was stört mich konkret, wo gibt es wiederkehrende Konflikte 

4.   Was brauche ich von euch zur Erfüllung meiner Bedürfnisse

5.   Was wünsche ich mir für unsere gemeinsame Zukunft

 

Die Themen können dabei in Runden aufgeteilt werden, damit die Wartezeit nicht so lang ist. Bei jeder Runde sollten alle zu Wort kommen können. Wenn das gegenseitige Ausreden lassen schwerfällt, kann man einen bestimmten Gegenstand (Stab, Stein o.ä.) benutzen und nur die Person, die diesen Gegenstand in der Hand hält, spricht gerade und gibt diesen Gegenstand weiter, wenn sie fertig ist.

Wenn z.B. keine Lösung direkt gefunden wird und man vereinbart hat, darüber nachzudenken, wird das Thema notiert für den nächsten Familienrat, damit es nicht vergessen wird.  

 

Es ist wichtig, dass alle aus dem Familienrat mit einem guten Gefühl gehen. Zum Abschied können sich alle beieinander bedanken, dass sie sich geöffnet haben und so ihren wertvollen Beitrag für das gemeinsame Familienleben geleistet haben.

 

Hinweis: Kleinere Kinder haben eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne. Macht trotzdem weiter und schaut, wie weit ihr kommt. Aus regelmäßigen Wiederholungen wird irgendwann ein Ritual und Kinder gewöhnen sich mit der Zeit daran und lernen immer mehr und auch selbst mehr teilzunehmen. Wie immer gilt: Kinder lernen durch Nachahmen – also machen wir Erwachsenen vor, was wir uns von unseren Kindern wünschen und sind gute Vorbilder.

 

Viel Freude bei eurem Familienrat!